Die Landschaft der Softwareentwicklung durchläuft eine tiefgreifende Transformation, angetrieben durch das rasante Aufkommen von Künstlicher Intelligenz (KI) und die Popularität von No-Code-Plattformen. Diese Entwicklung ermöglicht es immer mehr Menschen, ihre Ideen in funktionierende Anwendungen umzusetzen, ohne traditionelle Programmierkenntnisse zu besitzen. Google hat mit der Einführung von Opal, einem experimentellen No-Code KI-App-Builder, einen signifikanten Schritt in diese Richtung gemacht und positioniert sich damit im Wettbewerb um die Vorherrschaft im KI-Markt.
Google Opal: Ein Game Changer im No-Code Bereich
Google Opal ist ein KI-Tool, das die Erstellung einfacher Anwendungen ohne Code ermöglicht. Der Einstieg in ein Opal-Entwicklungsprojekt erfolgt über eine ChatGPT-ähnliche Chatbot-Oberfläche, bei der Benutzer eine natürlichsprachliche Beschreibung der gewünschten Aufgaben ihrer Anwendung eingeben können. Zusätzlich können weitere benötigte Daten bereitgestellt und externe Tools angebunden werden. Der Dienst nutzt diese Informationen, um automatisch eine einfache Anwendung zu generieren. Sobald die Software fertig ist, kann sie über einen Freigabelink geteilt werden, ähnlich wie bei Google Docs.
Ein zentrales Merkmal von Opal ist der visuelle Editor, der die Anwendung als eine Sammlung von „Karten“ auf einer virtuellen Leinwand darstellt. Diese Karten beschreiben die Eingaben der Anwendung und steuern, wie diese verarbeitet werden. Es ist möglich, mehrere Datenverarbeitungsschritte miteinander zu verknüpfen, beispielsweise das Generieren einer Produktbeschreibung und anschließend die Erstellung eines Werbevideos basierend darauf. Nutzer können die Ausführung dieser Aufgaben durch die Eingabe natürlichsprachlicher Anweisungen im visuellen Editor anpassen. Google Produktmanagerin Elle Zadina erklärt, dass Opal die App-Beschreibung in einen mehrstufigen Workflow mit Eingaben, Generierungsschritten und Ausgabeschritten umwandelt und Benutzer jeden Schritt anklicken können, um die Anweisungen direkt zu bearbeiten.
Opal basiert auf mehreren internen KI-Modellen von Google, deren genaue Algorithmen jedoch nicht spezifiziert wurden. Das Tool ist derzeit in den USA über ein öffentliches Beta-Programm in Google Labs verfügbar und bietet bereits über ein halbes Dutzend vorgefertigter Anwendungen für sowohl private als auch geschäftliche Anwendungsfälle, wie die Entwicklung von Videospielen oder die Generierung von Marketingmaterialien.
Die strategische Bedeutung von Google Opal
Die Einführung von Opal ist ein klarer Ausdruck von Googles Strategie, KI-gesteuerte Softwareerstellung zu demokratisieren und einem breiteren, nicht-technischen Publikum zugänglich zu machen. Dies steht im Einklang mit dem Trend des „Vibe-Codings“, bei dem Nutzer sich darauf konzentrieren, was sie bauen wollen, anstatt wie sie es bauen sollen, wobei die KI die technische Arbeit übernimmt. Opal zielt darauf ab, die Barrieren für die App-Entwicklung zu senken und ein schnelleres Prototyping von Ideen und Workflow-Automatisierungen zu ermöglichen.
Googles Schritt mit Opal ist auch eine strategische Antwort auf den intensivierenden Wettbewerb im KI-Anwendungsentwicklungsbereich. Unternehmen wie Microsoft mit Copilot und OpenAI mit seinem Code Interpreter und Entwickler-APIs haben in diesem Bereich bereits Maßstäbe gesetzt. Google, das unter Druck steht, praktische Anwendungen für seine Gemini-Modelle zu zeigen, könnte Opal als Proof-of-Concept für breitere Anwendungen in Bildung, Inhaltserstellung und Prototyping nutzen. Der visuelle Editor ergänzt zudem Googles langfristige Investitionen in generative UX, wie sie in Bard und der Search Generative Experience zu sehen sind.
Wettbewerb im KI-App-Builder-Markt: Wer sind die Spieler?
Der Markt für KI-App-Builder ist dynamisch und wächst rasant, mit fast 1.800 neuen KI-Anwendungen, die allein im letzten Jahr eingeführt wurden, was die Gesamtzahl auf 6.960 weltweit verfügbare KI-Apps erhöht hat. Dieser Markt wurde 2023 auf 21,0 Milliarden US-Dollar geschätzt und soll bis 2032 voraussichtlich 70,0 Milliarden US-Dollar erreichen, mit einem robusten Wachstum, das durch den zunehmenden Bedarf an Automatisierung und intelligenten Lösungen angetrieben wird.
No-Code-Plattformen und KI-Integration
Neben Google Opal gibt es eine Reihe weiterer prominenter No-Code-Plattformen, die KI-Funktionen integrieren:
- Bubble: Diese Plattform ist auf skalierbare Web- und native mobile Anwendungen ohne Code ausgelegt und ermöglicht die Verbindung zu leistungsstarken KI-Modellen wie OpenAI und Anthropic. Bubble bietet einen visuellen Editor, der durch KI unterstützt wird, um Ideen schnell in skalierbare Apps zu verwandeln.
- Microsoft Power Apps: Ermöglicht die Erstellung und Bearbeitung von Anwendungen mit KI. Microsoft integriert Copilot aggressiv in seine Office Suite, GitHub und Azure.
- Softr: Bekannt für seine Benutzerfreundlichkeit und Geschwindigkeit bei der Erstellung von Apps.
- Airtable Cobuilder: Spezialisiert auf Datenansichten mit KI-Unterstützung.
- Create: Ermöglicht die App-Erstellung mit einem einzigen Prompt und unterstützt die neuesten KI-Modelle wie Claude 3.5 Sonnet und GPT-4o.
- Databutton: Erlaubt die App-Erstellung mit einem KI-Agenten.
- AppSheet: Googles bestehende No-Code-Plattform, die bereits KI-Funktionen und die Integration mit Google Cloud AI bietet. AppSheet wurde um Gemini-Integrationen erweitert, die es Nutzern ermöglichen, App-Spezifikationen per Texteingabe zu beschreiben und die Anwendung entsprechend generieren zu lassen. AppSheet kann auch mit benutzerdefinierten Vertex AI-Agenten über Apps Script verbunden werden, um komplexe Aufgaben zu automatisieren.
- Replit: Eine Plattform, die natürliche Sprachprompts in funktionierende Software umwandelt, ohne dass Code geschrieben werden muss, und eine schnelle Entwicklung und Bereitstellung ermöglicht.
Low-Code-Entwicklung für KI-Prototyping
Low-Code-Plattformen bieten einen Mittelweg zwischen traditioneller Codierung und No-Code-Ansätzen, indem sie visuelle Entwicklungsumgebungen bereitstellen, aber auch die Erweiterung der Funktionalität durch benutzerdefinierten Code bei Bedarf ermöglichen. Dies ist besonders vorteilhaft für das Prototyping mit KI, da es die Entwicklungszyklen für KI-Modelle um über 90 % im Vergleich zu herkömmlichen Methoden verkürzen kann.
- Vertex AI Agent Builder: Diese Plattform von Google Cloud vereinfacht die Erstellung von KI-Anwendungen, insbesondere für „Retrieval Augmented Generation“ (RAG) auf unstrukturierten Daten, durch eine Low-Code-Schnittstelle. Es ermöglicht Nutzern, Such‑, Chat‑, Empfehlungs- und Agenten-Apps mit minimalem Code zu erstellen. Vertex AI bietet auch AutoML für einen No-Code-Ansatz beim Training von ML-Modellen.
- Appsmith AI: Eine Open-Source-Low-Code-Plattform, die die Erstellung und Bereitstellung benutzerdefinierter Geschäftsanwendungen vereinfacht, einschließlich KI-gestützter Chatbots und prädiktiver Analysedashboards. Es lässt sich nahtlos mit gängigen LLMs wie OpenAI, Google AI und Anthropic verbinden.
- Mendix & Appian: Führende Low-Code-Plattformen, die die schnelle Entwicklung und Bereitstellung von Anwendungen auf Unternehmensebene ermöglichen und KI-Fähigkeiten integrieren.
Claude AI Apps und der direkte Vergleich
Anthropic hat mit Claude AI Apps ebenfalls einen bedeutenden Schritt in der KI-App-Entwicklung gemacht. Claude’s Version der „GPTs“ von OpenAI sind „Artifacts“, die Claude direkt in sich ausführen können, wodurch Claude den Code schreibt, die App hostet und den Nutzern den Zugriff über einen teilbaren Link ermöglicht. Claude wird für seine herausragenden Fähigkeiten im Copywriting und seine Fähigkeit, Apps und Präsentationen direkt zu erstellen, gelobt.
Im direkten Vergleich mit Google AI Studio, das Zugriff auf die Gemini-Modelle bietet und intelligente Codierungsassistenten umfasst, konzentriert sich Claude AI auf die Fähigkeit, über Artifacts eigenständige, teilbare KI-Anwendungen zu erstellen. Beide Unternehmen intensivieren den Wettbewerb im Bereich der prompt-basierten und visuellen KI-App-Builder.
Alternativen zu n8n im Kontext von KI-Workflows
n8n ist ein bekanntes Open-Source-Tool für die Workflow-Automatisierung, das es Nutzern ermöglicht, Anwendungen zu verbinden und Prozesse ohne umfangreiche Codierung zu automatisieren. Es bietet einen visuellen Workflow-Editor und eine breite Palette an Integrationen. Da n8n jedoch eine gewisse technische Expertise erfordert, gibt es Alternativen, die sich zunehmend auf KI-gesteuerte Automatisierung konzentrieren:
- Zapier: Bleibt ein Goldstandard für einfache Automatisierung mit einer riesigen Integrationslandschaft und KI-gestützten Workflow-Vorschlägen.
- Make (ehemals Integromat): Ein visuelles No-Code-Automatisierungstool, das eine detaillierte Kontrolle über Workflows mit einer Drag-and-Drop-Oberfläche bietet und sich für komplexe Szenarien eignet.
- Latenode: Eine aufstrebende Automatisierungsplattform, die No-Code- und Low-Code-Funktionen mit KI-gesteuerten Funktionen verbindet. Es bietet einen KI-Copiloten für die Workflow-Erstellung und unterstützt benutzerdefinierte JavaScript-Integration. Latenode ermöglicht auch die Orchestrierung von KI-gesteuerten Workflows mit Google Vertex AI für Vorhersagen und benutzerdefinierter Logik.
- Microsoft Power Automate: Eine Alternative, die KI-Authoring mit einem visuellen Builder bietet und die Nutzung von KI in jeder Phase der Workflow-Automatisierung ermöglicht.
- Lleverage: Ein KI-natives Tool, das als Pionier in der Workflow-Automatisierung gilt.
- GPTBots.ai Enterprise AI Agent: Eine Top-Alternative zu n8n, die fortschrittliche KI-Lösungen für Unternehmen zur Implementierung von KI-Agenten in verschiedenen Bereichen bietet, einschließlich Kundensupport und Datenanalyse.
Die zunehmende Integration von KI in diese Plattformen zeigt einen klaren Trend: Workflow-Automatisierung wird intelligenter und zugänglicher, indem KI komplexe Aufgaben übernimmt und die Entwicklung von Automatisierungen vereinfacht.
Fazit
Der Markt für KI-gesteuerte App-Builder und No-Code-/Low-Code-Plattformen erlebt ein explosives Wachstum, das die Softwareentwicklung grundlegend verändert. Googles Einführung von Opal ist ein strategischer Schachzug, um eine führende Position in diesem wettbewerbsintensiven Umfeld zu etablieren. Opal, mit seiner natürlichsprachlichen Schnittstelle und dem visuellen Workflow-Editor, zielt darauf ab, die App-Erstellung für ein breites Publikum zu demokratisieren und das Prototyping erheblich zu beschleunigen.
Die Konkurrenz ist jedoch stark, mit etablierten Playern wie Bubble und Microsoft Power Apps sowie aufstrebenden Innovationen von Anthropic mit Claude AI Apps. Gleichzeitig entwickeln sich Workflow-Automatisierungstools wie Zapier, Make und Latenode weiter, indem sie tiefgreifende KI-Integrationen anbieten, die über einfache Automatisierungen hinausgehen.
Die Synergie zwischen No-Code/Low-Code-Ansätzen und Künstlicher Intelligenz ermöglicht es Unternehmen und Einzelpersonen gleichermaßen, intelligente Anwendungen schneller und kostengünstiger zu entwickeln. Die Zukunft der App-Erstellung wird zunehmend durch intuitive, KI-gesteuerte Plattformen bestimmt, die die Innovationsgeschwindigkeit in allen Branchen vorantreiben.
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