Neue Vorwürfe gegen die griechische Küstenwache: “Wir dachten, sie wüssten, was sie tun”

Neue Vorwürfe gegen die griechische Küstenwache: “Wir dachten, sie wüssten, was sie tun”

Neue Vorwürfe gegen die griechische Küstenwache:

In der Nacht vom 14. Juni steu­ert Kapi­tän Richard Kirk­by die Mayan Queen IV, eine Luxus­yacht eines mexi­ka­ni­schen Mul­ti­mil­li­ar­därs, durch die ruhi­gen, schwar­zen Gewäs­ser des Mit­tel­meers, als er einen Not­ruf erhält. “Schiff sinkt. Gro­ße Anzahl von Men­schen. Schif­fe in der Nähe wer­den gebe­ten, Such- und Ret­tungs­ak­tio­nen ein­zu­lei­ten.” Die Besat­zung hört die Schreie von Men­schen, die ertrin­ken, bevor sie sie sehen kön­nen. Der Schiff­bruch, der in die­ser Nacht statt­fin­det, wird sich als der töd­lichs­te im Mit­tel­meer seit vie­len Jah­ren erwei­sen. Es wird ver­mu­tet, dass sich etwa 750 Men­schen an Bord des Fischer­boo­tes befan­den, das vor der Küs­te der Pelo­pon­nes unter­ging. Als die Mayan Queen IV um 2:55 Uhr mor­gens am Ort des Gesche­hens ein­trifft, sind nur die Lich­ter eines ande­ren Schif­fes zu sehen. Sie gehö­ren zur grie­chi­schen Küs­ten­wa­che, dem Schiff LS 920 — laut Unter­su­chungs­ak­ten, die DER SPIEGEL und sei­ne Part­ner erwor­ben haben. Aber die Grie­chen sind über Funk nicht zu errei­chen. Also stei­gen drei Besat­zungs­mit­glie­der von der Mayan Queen IV in ein Ret­tungs­boot und begin­nen mit der Suche nach Über­le­ben­den, indem sie stän­dig den Hil­fe­ru­fen fol­gen. Sie blei­ben so lei­se wie mög­lich, um kei­ne ein­zi­ge Stim­me zu über­hö­ren. Letzt­end­lich wer­den sie 15 Men­schen aus dem Was­ser zie­hen. Früh am Mor­gen bit­tet die grie­chi­sche Küs­ten­wa­che um Erlaub­nis, wei­te­re Über­le­ben­de an Bord zu neh­men. Das grie­chi­sche Schiff ist zu klein, um alle Über­le­ben­den sicher an Land zu brin­gen. Aber die Mayan Queen IV — ein Schiff mit vier Decks, getön­ten Fens­tern und einem Hub­schrau­ber­lan­de­platz — ist groß genug. Um 7:20 Uhr mor­gens nimmt die Yacht Kurs auf Kala­ma­ta. An Bord befin­den sich 100 von ins­ge­samt 104 Über­le­ben­den — Migran­ten, die in sil­ber­nen Not­fall­de­cken ein­ge­wi­ckelt sind und sich dort ver­krie­chen, wo sich nor­ma­ler­wei­se die Super­rei­chen son­nen.

Hun­der­te Flücht­lin­ge über­le­ben die­se Nacht nicht — obwohl die grie­chi­sche Küs­ten­wa­che bereits meh­re­re Stun­den vor dem Unglück am Ort des Gesche­hens ein­ge­trof­fen ist. Bereits am Mor­gen des Vor­ta­ges hat­te eine ita­lie­ni­sche Behör­de sie gewarnt und eine Nicht­re­gie­rungs­or­ga­ni­sa­ti­on hat­te ein SOS von dem Fischer­boot wei­ter­ge­lei­tet. Selbst die euro­päi­sche Grenz­schutz­agen­tur Fron­tex hat­te die Not­la­ge des Schif­fes erkannt und zusätz­li­che Hil­fe ange­bo­ten. Wie kann es sein, dass den­noch Hun­der­te von Migran­ten gestor­ben sind? Das ist eine Fra­ge, die die grie­chi­sche Küs­ten­wa­che in den letz­ten zwei Wochen beschäf­tigt hat. Die Vor­wür­fe, die Über­le­ben­de gegen die Grie­chen erho­ben haben, sind schwer­wie­gend: Hat die Küs­ten­wa­che die Men­schen ihrem Schick­sal über­las­sen? Haben sie ver­sucht, das Schiff in ita­lie­ni­sche Gewäs­ser zu zie­hen — wie eini­ge Aus­sa­gen nahe­le­gen? Viel­leicht um zu ver­hin­dern, dass Hun­der­te von Migran­ten in Grie­chen­land lan­den? Ein Team von Repor­tern des SPIEGEL hat sich mit der gemein­nüt­zi­gen Nach­rich­ten­re­dak­ti­on Light­house Reports, dem inves­ti­ga­ti­ven Jour­na­lis­mus­kon­sor­ti­um Repor­ters United, der spa­ni­schen Zei­tung El País, dem syri­schen inves­ti­ga­ti­ven Recher­che­bü­ro Siraj und dem deut­schen öffent­lich-recht­li­chen Sen­der ARD zusam­men­ge­schlos­sen, um die­sen Fra­gen nach­zu­ge­hen. Die Repor­ter haben Über­le­ben­de inter­viewt, von denen vie­le sich bereits an die Hilfs­or­ga­ni­sa­ti­on Con­so­li­da­ted Res­cue Group gewandt hat­ten. Sie haben durch­ge­si­cker­te Unter­su­chungs­be­rich­te, Vide­os und Geo­da­ten unter­sucht und mit Quel­len inner­halb von Fron­tex gespro­chen. Die Bericht­erstat­tung legt nahe, dass zumin­dest die grie­chi­sche Küs­ten­wa­che schwer­wie­gen­de Feh­ler began­gen haben könn­te. Sech­zehn Flücht­lin­ge beschul­di­gen die Grie­chen zum Bei­spiel, das Fischer­boot zum Ken­tern gebracht zu haben, wäh­rend sie­ben davon über­zeug

Source: spiegel.de

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